„Solange der Kapitän nix dagegen hat…“

Interview mit Hamburger Dockschwalben

Katja Hansen (Name von der Redaktion geändert), 42 Jahre, geht seit zwölf Jahren im Hamburger Freihafen als Prostituierte auf ausländische Schiffe.

mare: Wir dachten, Dockschwalben seien ausgestorben.

Katja Hansen: Warum denn? Heutzutage sind die Schiffe nur ein paar Stunden da, da wollen die Jungs nicht in die Stadt, auf die Reeperbahn. Ein Taxi in die Stadt kostet schon 60 Dollar.

Wie viele sind Sie zurzeit?

Fünf. Ich bin die Älteste, 42. Die Jüngste 22. Wir waren mal zwölf, aber die Polinnen mit Touristenvisum sind ausgewiesen worden. Eine ist aus Doofheit schwanger geworden – große Liebe zu einem Freier.

Woher wissen Sie, wann ein Schiff kommt?

Viele Liner und Feederschiffe rufen uns an, hat ja jeder jetzt ein Handy. Manche rufen schon einen Hafen vorher an, von Antwerpen und Rotterdam. Wir wissen auch von den Festmachern, wann die Schiffe kommen, oder vom Oberhafenamt.

Und dann stehen Sie am Kai und winken?

Wir hocken meistens beim Schiffsausrüster, dort ist auch so ’ne Art Bar, und wir verdienen was an den Getränken.

Ein gutes Geschäft?

Vor ein paar Jahren haben die Jungs sofort ’ne Buddel Whisky auf den Tisch gestellt und eine Kiste Bier auf den Boden. Heute fragen die: Was kostet eine Flasche? Die sind nicht mehr so spendabel. Dafür trinken wir auf den Schiffen richtig.

Dürfen Sie denn auf die Schiffe?

Solange der Kapitän nix dagegen hat, ja. Die Polizei kennt uns alle. Die will nur vor uns drauf sein, wegen der Papiere.

Wie läuft es denn an Bord?

Wir sitzen im Messraum, trinken Whisky, meist läuft ’ne Karaoke-Anlage. Wenn man schon einen hat, sitzt man halt mit dem. Wenn man sich nicht schlüssig ist, wer mit wem – das ergibt sich irgendwann. Alles ganz freundschaftlich, familär.

Nicht wie nebenan auf der Reeperbahn?

Da hakt dich gleich eine ein und zieht dich in ’n Hausflur. Das kannst du mit denen hier nicht machen. Da läuft das mit Herz und Gefühl.

So romantisch?

Wir suchen uns die Leute aus. Ich kenn keine, die mit ’nem Kerl geht, den sie nicht mag. So viel Geld kann keiner haben. Wir verlieben uns sogar andauernd; meist in die, die nicht wiederkommen.

Verliebte Huren? Klingt nach Hollywood.

Guck dir doch die an, die schwanger geworden ist. Meinst du, das passiert einfach so? Die auf St. Pauli schnappen sich einen Kerl, sind nach ’ner halben Stunde wieder unten. Wir sind mit denen bis morgens, manche bleiben bis nächsten Nachmittag und essen noch Mittag. Ich bin schon bis Rotterdam mit oder bis Esbjerg.

Wer ist denn Ihr Typ?

Asiaten; also Filipinos, ab und zu auch Indonesier. Das sind einfach süße Kerle. Es kommen auch immer mehr Russen und Polen. Aber mit denen arbeite ich nicht.

Warum?

Die verdienen noch weniger als die Filipinos. Außerdem haben die einen Riesenüberschuss an Frauen zu Hause, für ein Viertel von dem, was wir haben wollen. Für die sind wir zu teuer, zu alt und zu hässlich. Außerdem sind mir die Russen nicht geheuer, vor denen habe ich Angst. Wenn die besoffen sind, also, die haben eine ganz andere Hemmschwelle. Ich hab hier ’ne wunderbare Narbe am Bein von so einem. Der hatte mich nicht mehr aus der Kabine gelassen.


Dies ist ein Auszug aus dem Text. Den ganzen Beitrag lesen Sie in mare No. 31. Abonnentinnen und Abonnenten lesen ihn auch hier im mare Archiv.

mare No. 31

No. 31April / Mai 2002

Von Maik Brandenburg und Dimitri Ladischensky

Dimitri Ladischensky, Jahrgang 1972, seit September 2001 bei mare. Hat zuvor als Redakteur und Autor für Geo Saison gearbeitet. Studium der Germanistik, Geschichte und VWL in Freiburg, Kopenhagen und Berlin. Ausbildung auf der Deutschen Journalistenschule in München.

Maik Brandenburg, Jahrgang 1962, studierte Journalistik und arbeitet als freier Autor, u.a. für mare, Geo, Merian. Leidenschaftlicher Vater und Reportage-Fan. Er lebt mit seiner Familie auf der Insel Rügen.

Stefan Pielow, geboren 1961, ist im Münsterland aufgewachsen und ging nach dem Abitur als freier Fotoassistent nach Hamburg. Nach dreijähriger Praxis studierte er an der Folkwangschule Essen Fotografie. Während des Studiums produzierte er seine ersten Reportagen für den Stern und das ZEITmagazin. Später spezialisierte er sich immer mehr auf das inszenierte Portrait. Als freier Mitarbeiter beim Stern fotografierte er zahlreiche Lifestylethemen sowie Prominente im In- und Ausland. Stefan Pielow arbeitet heute als freier Fotograf für internationale Magazine, Firmen und Agenturen. Seit 2002 lebt Stefan Pielow mit seiner Frau und zwei Töchtern in Starnberg.

Mehr Informationen
Vita Dimitri Ladischensky, Jahrgang 1972, seit September 2001 bei mare. Hat zuvor als Redakteur und Autor für Geo Saison gearbeitet. Studium der Germanistik, Geschichte und VWL in Freiburg, Kopenhagen und Berlin. Ausbildung auf der Deutschen Journalistenschule in München.

Maik Brandenburg, Jahrgang 1962, studierte Journalistik und arbeitet als freier Autor, u.a. für mare, Geo, Merian. Leidenschaftlicher Vater und Reportage-Fan. Er lebt mit seiner Familie auf der Insel Rügen.

Stefan Pielow, geboren 1961, ist im Münsterland aufgewachsen und ging nach dem Abitur als freier Fotoassistent nach Hamburg. Nach dreijähriger Praxis studierte er an der Folkwangschule Essen Fotografie. Während des Studiums produzierte er seine ersten Reportagen für den Stern und das ZEITmagazin. Später spezialisierte er sich immer mehr auf das inszenierte Portrait. Als freier Mitarbeiter beim Stern fotografierte er zahlreiche Lifestylethemen sowie Prominente im In- und Ausland. Stefan Pielow arbeitet heute als freier Fotograf für internationale Magazine, Firmen und Agenturen. Seit 2002 lebt Stefan Pielow mit seiner Frau und zwei Töchtern in Starnberg.
Person Von Maik Brandenburg und Dimitri Ladischensky
Vita Dimitri Ladischensky, Jahrgang 1972, seit September 2001 bei mare. Hat zuvor als Redakteur und Autor für Geo Saison gearbeitet. Studium der Germanistik, Geschichte und VWL in Freiburg, Kopenhagen und Berlin. Ausbildung auf der Deutschen Journalistenschule in München.

Maik Brandenburg, Jahrgang 1962, studierte Journalistik und arbeitet als freier Autor, u.a. für mare, Geo, Merian. Leidenschaftlicher Vater und Reportage-Fan. Er lebt mit seiner Familie auf der Insel Rügen.

Stefan Pielow, geboren 1961, ist im Münsterland aufgewachsen und ging nach dem Abitur als freier Fotoassistent nach Hamburg. Nach dreijähriger Praxis studierte er an der Folkwangschule Essen Fotografie. Während des Studiums produzierte er seine ersten Reportagen für den Stern und das ZEITmagazin. Später spezialisierte er sich immer mehr auf das inszenierte Portrait. Als freier Mitarbeiter beim Stern fotografierte er zahlreiche Lifestylethemen sowie Prominente im In- und Ausland. Stefan Pielow arbeitet heute als freier Fotograf für internationale Magazine, Firmen und Agenturen. Seit 2002 lebt Stefan Pielow mit seiner Frau und zwei Töchtern in Starnberg.
Person Von Maik Brandenburg und Dimitri Ladischensky