Krieg? Welcher Krieg?

Am Ende der spanischen Kolonialära in den Philippinen drängt es die USA, das Machtvakuum zu füllen. Sie führen erbarmungslos Krieg gegen die Unabhängigkeitskämpfer in dem Inselreich

Die Welt im 19. Jahrhundert befand sich fast vollständig im Besitz der europäischen Kolonialmächte. Aber die USA, selbst ehemalige Kolonie und seit dem Sieg über England 1783 unabhängig, entwickelten sich zu einem Konkurrenten. Doch noch war der Blick der USA nach innen gerichtet. Die Monroedoktrin bestimmte die Außenpolitik. Weder wollten sich die USA in die Belange anderer Länder einmischen noch eine solche Einmischung bei sich dulden.

Zwar fühlten sich die USA dazu berufen, die Idee der Freiheit zu verbreiten, doch das bezog sich bis dahin auf die Eroberung des Westens und das Erreichen der Pazifikküste. Am Ende des Jahrhunderts waren diese Ziele erreicht, die Indianerkriege beendet und die Wunden des Bürgerkriegs verheilten. Jetzt waren die USA eines der größten Länder der Welt und ein wirtschaftlicher Gigant auf der Suche nach neuen Märkten.

Alfred Thayer Mahan, Konteradmiral der US Navy, gilt als bedeutender Marinetheoretiker. In seinem 1890 erschienenen Buch „Der Einfluss der Seemacht auf die Geschichte“ analysierte er die Bedeutung der Marine für die wirtschaftliche Entwicklung von Staaten. Der internationale Handel mit Produkten und Rohstoffen sei die Grundlage des Wohlstands eines Landes. Dazu brauche es Stützpunkte oder Kolonien. Diesen Handel zu schützen sei die wichtigste Aufgabe der Marine.

Aufgrund seiner Analysen und der weltpolitischen Lage beschloss die amerikanische Regierung ein Aufrüstungsprogramm. Innerhalb weniger Jahre wurde die Marine mit modernsten Schiffen und Waffentechnik ausgerüstet. Sollte es notwendig sein, konnte sie nun jederzeit zur Wahrung amerikanischer Interessen eingesetzt werden.

1898 war es so weit. Ende des 19. Jahrhunderts neigte sich das spanische Kolonialreich dem Ende zu. Spanien besaß nur noch wenige Kolonien, darunter Kuba und die Philippinen. Die meisten der Überseebesitzungen hatte Spanien durch Unabhängigkeitsbewegungen verloren. Auch in Kuba wehrte sich die Bevölkerung gegen die Kolonialmacht Spanien. Die amerikanische Öffentlichkeit sympathisierte mit den Rebellen, deren Freiheitskampf sie mit ihrem eigenen verglich. Die US-Regierung schickte das Schlachtschiff „USS Maine“, um den Aufstand symbolisch zu unterstützen. Militärisches Eingreifen war nicht geplant. Doch dann bekam der Konflikt eine unerwartete Wendung.

Am 15. Februar 1898 kam es auf dem Schiff zu einer verheerenden Explosion, bei der 268 Seeleute den Tod fanden. Die USA beschuldigten Spanien, einen Angriff verübt zu haben, doch vieles deutet auf einen Unfall hin. Vermutlich entzündete sich eines der Kohlelager selbst, und das Feuer griff auf die Munitionslager über. Die toten Soldaten lösten eine Welle der Empörung und Wut in den USA aus. Die Medien des Putlitzer- und des Hearst-Konzerns gossen zusätzlich Öl ins Feuer. Hearst schickte mit folgenden Worten einen Fotografen nach Havanna: „Du lieferst die Bilder, ich den Krieg.“ Er bekam seinen Krieg.

Am 19. April 1898 ermächtigten der US-Senat und der Kongress den Präsidenten William McKinley, alle militärischen Mittel einzusetzen, um den Abzug der Spanier aus Kuba zu erzwingen. Vier Tage später erklärten die Spanier den USA den Krieg. Er ging als „splendid little war“ in die Geschichte ein, bestand im Wesentlichen aus zwei Seeschlachten und dauerte ganze 123 Tage. Der erste Schuss fiel aber nicht in Kuba, sondern in Manila, 15 132 Kilometer von Havanna entfernt.

Die Situation in den Philippinen ähnelte der Lage in Kuba. Seit Jahren erhoben sich die Filipinos gegen die Spanier. Der Anführer der Rebellen, Emilio Aguinaldo, organisierte vom Exil in Hongkong aus den Widerstand. Theodore Roosevelt, 1898 stellvertretender Marineminister, schickte die amerikanische Asienflotte von Hongkong nach Manila. Die Spanier konnten der modernen Übermacht nichts entgegensetzen. Allein das Flaggschiff „USS Olympia“ verfügte über mehr Bordkanonen als alle acht spanischen Schiffe im Hafen von Manila zusammen.

Am 1. Mai 1898 um sechs Uhr begannen die amerikanischen Bordgeschütze zu feuern. Gegen Mittag war die spanische Asienflotte vernichtet. Jetzt saßen die Spanier, von philippinischen Rebellen belagert, in Manila fest. Doch die Amerikaner verfügten nicht über genügend Truppen, um Manila zu erobern. Die Rebellen zögerten.


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mare No. 111

No. 111August / September 2015

Von Heinz Krimmer

Heinz Krimmer, Jahrgang 1960, lebt als freier Autor in Berlin. Zusammen mit Ernst Volland veröffentlichte er mehrere Bücher über den russischen Kriegsfotografen Jewgeni Chaldej. Für den Artikel über den Philippinisch-Amerikanischen Krieg interviewte er den Historiker, Politikwissenschaftler und Amerikanisten Bernd Greiner vom Hamburger Institut für Sozialforschung und den Historiker Bernd Ulrich.

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Vita Heinz Krimmer, Jahrgang 1960, lebt als freier Autor in Berlin. Zusammen mit Ernst Volland veröffentlichte er mehrere Bücher über den russischen Kriegsfotografen Jewgeni Chaldej. Für den Artikel über den Philippinisch-Amerikanischen Krieg interviewte er den Historiker, Politikwissenschaftler und Amerikanisten Bernd Greiner vom Hamburger Institut für Sozialforschung und den Historiker Bernd Ulrich.
Person Von Heinz Krimmer
Vita Heinz Krimmer, Jahrgang 1960, lebt als freier Autor in Berlin. Zusammen mit Ernst Volland veröffentlichte er mehrere Bücher über den russischen Kriegsfotografen Jewgeni Chaldej. Für den Artikel über den Philippinisch-Amerikanischen Krieg interviewte er den Historiker, Politikwissenschaftler und Amerikanisten Bernd Greiner vom Hamburger Institut für Sozialforschung und den Historiker Bernd Ulrich.
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