Im Kielwasser

Das Beste zum Schluss

Goldton

Übersetzt heißt „Vallenato“: der aus dem Tal kommt. Doch geboren wurde Kolumbiens Salsamusik aus dem Meer. Der Legende nach entdeckten vor rund 100 Jahren Fischer an der Karibikküste im Nordosten Kolumbiens einen skurrilen Schatz. Aus dem Bauch eines manövrierunfähigen deutschen Frachters bargen sie Hohner-Akkordeons, die eigentlich für Argentinien bestimmt waren, das Land des Tangos. So aber wurde das Akkordeon für Kolumbien entdeckt. Von der Karibikküste gelangten die Quetschkommoden ins Hinterland. Dort, in den Tälern von Valledupar, entstand schließlich eine ganz eigene Musik. Solisten und kleine Orchester bereiteten eine Melange aus Son, Paseo und Merengue und besangen die Liebe, die Frauen und den Rest der Welt; Troubadoure zogen mit Akkordeons durch die Dörfer, wie es Gabriel García Márquez in seinem Roman „Hundert Jahre Einsamkeit“ beschreibt. Als die stolzen Minnesänger wieder die karibischen Küstendörfer von Santa Marta erreichten, wurde Vallenato endgültig zum Volksgut eines ganzen Küstenstrichs, zu eben jener Musik, „die aus dem Tal kommt“. peko


Vliesarbeit

Chiara Vigos Schatzsuche ist mit Scherereien verbunden. Sie taucht in den Gewässern vor der sardischen Insel Antioco, um Muschelbärte zu scheren. „Goldwolle“ heißen die Haltefäden der Steckmuschel Pinna nobilis. Chiara ist die letzte Hüterin einer 5000 Jahre alten Tradition. Sie webt aus der Muschelseide kostbare Vliese und Wandteppiche. Bereits König Salomon soll sich Gewänder aus dem Garn umgeworfen haben. Für gerade ein Kilogramm Haltefäden benötigt sie 1000 Muscheln, und das ergibt nur wenige hundert Gramm Seide. Ihre Kunst hat Chiara nicht reich gemacht. Doch das Meer und der Webstuhl geben mehr als alles Gold der Welt. Sünde sei es, ihre Kunst verkaufen zu müssen. Einmal blieb eine Mailänderin bewundernd vor einem Teppich stehen und fragte sanft: „Was kostet er?“ „Was kostest du?“, blaffte Chiara zurück. „Meinst du, du kannst mein Werk mit hunderttausend Lire bezahlen und es in dein geschmackloses Wohnzimmer hängen?“ Ihre Kunst gehöre ins Museum. ts


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mare No. 36

No. 36Februar / März 2003

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