Gespaltenes Land

Island liegt auf einer Naht, die zwei Kontinentalplatten trennt. Das beschert der Insel die einzigartige Landschaft aus Feuer und Eis

Die Bewohner von Heimaey hatten Glück. Weil es  über dem Atlantik einen heftigen Sturm gab, waren die Fischer nicht hinausgefahren. Alle Kutter lagen im Hafen, als die kleine Insel vor der Südküste Islands zu beben begann. Lange hatte der Vulkan geruht. Doch in der Nacht des 23. Januar 1973 durchbrach er die Erde. Auf zwei Kilometer Länge riss der Boden auf. Durch die riesige Spalte schoss das heiße Magma meterhoch. Der Nachthimmel glühte. Die Bilder vom brennenden Heimaey gingen damals um die Welt. Die Inselbewohner konnten sich auf die Fischerboote retten. Doch das Magma wälzte sich in den kleinen Ort und begrub fast 100 Häuser.

Einen solch schweren Vulkanausbruch hatte damals niemand erwartet. Obwohl den Menschen in Island, auf Heimaey und den anderen Nachbarinseln bewusst ist, dass sie auf einer Art Pulverfass leben. Island gehört zu den vulkanisch besonders aktiven Gebieten. Denn die Insel liegt auf einer riesigen Naht, an der die Erde auseinanderbricht.

 

 

Die obere Schicht der Erde, die Erdkruste, setzt sich wie ein Puzzle aus mehreren Kontinentalplatten zusammen, die sich langsam bewegen. An manchen Stellen kollidieren die Platten miteinander. Sie schieben sich unter- und übereinander und können so mächtige Gebirge wie den Himalaya auffalten. An den großen Nahtstellen ist das Gegenteil der Fall. Hier entfernen sich Kontinentalplatten voneinander. Die Erde bricht auf, und aus dem heißen Erdinneren quillt Magma empor. Diese Nahtstellen ziehen sich durch alle Ozeane, quer durch den Indischen Ozean, südlich an Australien vorbei und an der Westküste Amerikas nach Norden. Da an diesen Narben immer wieder frisches Magma ins Meer fließt, haben sich im Lauf von Jahrmillionen hohe unterseeische Gebirgszüge aufgetürmt. Wissenschaftler sprechen von den Mittelozeanischen Rücken.

Das größte Teilstück dieses erdumspannenden Systems erstreckt sich über 20 000 Kilometer von Nord nach Süd in der Mitte des Atlantiks und wird Mittelatlantischer Rücken genannt. Island ist Teil dieses Mittelatlantischen Rückens und liegt an jener Stelle, an der sich die Nordamerikanische Platte von der Eurasischen Platte entfernt. Der östliche Teil Islands sitzt auf der Eurasischen Platte und wandert nach Osten. Der westliche wandert mit der Nordamerikanischen Platte gen Westen. Im Grunde müsste man mitten in Island Schilder aufstellen: „Auf Wiedersehen in Europa“ und „Willkommen in Amerika“.

Vor 200 Millionen Jahren bildeten Nordamerika und Eurasien noch eine zusammenhängende Landmasse. Durch die Wanderung der Kontinentalplatten aber drifteten die Gebiete auseinander. Der Atlantik öffnete sich erst zu einem schmalen Meeresarm, dann zum großen Ozean. Heute entfernen sich Europa und Nordamerika etwa so schnell voneinander wie Fingernägel wachsen.

Der Mittelatlantische Rücken ist ein mächtiger Gebirgszug unter Wasser. An vielen Stellen ragen steile Felsen auf, anderswo erstrecken sich weite Plateaus aus Basalt, einem schwarzen, glasartigen Gestein aus erkaltetem Magma. An seinem Fuß ist der Rücken viele hundert Kilometer breit. Dieses unsichtbare Gebirge im Meer ist so imposant und hoch wie die Alpen, aber nicht hoch genug, um aus dem tiefen Atlantik aufzuragen. Doch mit Island ist ein Teil des Mittelatlantischen Rückens aufgetaucht.

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mare No. 120

No. 120Februar / März 2017

Von Tim Schröder und Heike Ollertz

Nach der Recherche zu diesem Artikel ist Tim Schröder, Jahrgang 1970, Wissenschaftsjournalist in Oldenburg, einmal mehr davon fasziniert, mit welcher Gelassenheit die Isländer auf ihrem Pulverfass leben.

Die Hamburger Fotografin Heike Ollertz, geboren 1967, fuhr wochenlang allein mit einem Wohnmobil durchs Land, um die besten Motive zu finden. „Die Nächte in der Wildnis konnten ganz schön düster und einsam sein.“

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Vita Nach der Recherche zu diesem Artikel ist Tim Schröder, Jahrgang 1970, Wissenschaftsjournalist in Oldenburg, einmal mehr davon fasziniert, mit welcher Gelassenheit die Isländer auf ihrem Pulverfass leben.

Die Hamburger Fotografin Heike Ollertz, geboren 1967, fuhr wochenlang allein mit einem Wohnmobil durchs Land, um die besten Motive zu finden. „Die Nächte in der Wildnis konnten ganz schön düster und einsam sein.“
Person Von Tim Schröder und Heike Ollertz
Vita Nach der Recherche zu diesem Artikel ist Tim Schröder, Jahrgang 1970, Wissenschaftsjournalist in Oldenburg, einmal mehr davon fasziniert, mit welcher Gelassenheit die Isländer auf ihrem Pulverfass leben.

Die Hamburger Fotografin Heike Ollertz, geboren 1967, fuhr wochenlang allein mit einem Wohnmobil durchs Land, um die besten Motive zu finden. „Die Nächte in der Wildnis konnten ganz schön düster und einsam sein.“
Person Von Tim Schröder und Heike Ollertz