Erster mare-Förderpreis vergeben

Die Zeitschrift der Meere unterstützt zukunftsträchtige Projekte der Meeresforschung

Im vergangenen Jahr wurde mare mit einer ganzen Reihe von Auszeichnungen bedacht. Jetzt revanchierte sich die Zeitschrift und vergab zum ersten Mal den „mare-Förderpreis für Meeresforschung“. Im Rahmen einer Feierstunde in der Hamburger Speicherstadt übergab Herausgeber Nikolaus Gelpke die Preise in Höhe von insgesamt 50000 Mark. Ziel ist nicht die Prämierung bereits abgeschlossener Forschungsvorhaben, sondern die Unterstützung zukunftsträchtiger, laufender Projekte.

mare war es gelungen, eine äußerst kompetente Jury zusammenzustellen. Zu den Mitgliedern gehörten Hartmut Graßl, Direktor der UN-Weltklimaorganisation, und Elisabeth Mann Borgese, Gründerin des „International Ocean Institute“, erste Frau im Club of Rome sowie „spiritus rector“ von mare. Im siebenköpfigen Gremium berieten außerdem Professor Kai-Uwe Graw von der Universität Leipzig, Dr. Gerd Hubold von der Bundesforschungsanstalt für Fischerei in Hamburg, Dr. Rolf Gradinger vom Institut für Polarökologie in Kiel, Dr. Johanna Wesnigk von der Port and Transport Consulting Organisation Bremen und Dr. Frank J. Jochem, mare-Wissenschaftsredakteur.

Elisabeth Mann Borgese, die heutige Professorin für Seerecht in Halifax, Kanada, zeigte sich in ihrem Festvortrag besorgt über die geringen Forschritte bei der Aufgabe, den fragilen Lebensraum Meer dauerhaft erfolgreich zu schützen. Bundesumweltminister Jürgen Trittin sagte in seinem Grußwort zur Preisverleihung seine Unterstützung für das Anliegen von mare zu, „mit der langfristig angelegten Förderinitiative eine Signalwirkung auf große Unternehmen zu erreichen“.

Wie überleben Korallen die ungewöhnlich hohen und schädlichen Wassertemperaturen während eines El-Niño-Phänomens? Können nur Korallen mit längeren Fangarmen überleben? Diese Fragen soll das mit dem 1. Preis ausgezeichnete Projekt der Rostocker Diplom-Biologin Christiane Hüerkamp – beantragt waren 20000 Mark – beantworten.

Charakteristisch für geschädigte Riffe ist die Ausbleichung von Korallenstöcken, in Fachkreisen als „Coral Bleaching“ bekannt. Erhöhte Wassertemperaturen, wie sie El Niño mit sich bringt, fördern diesen Effekt, wie im letzten Jahr sehr deutlich wurde.

Korallen sind quasi Tiere und Pflanzen gleichermaßen. Im tierischen Gewebe der einzelnen Polypen, die den Korallenstock bilden, sind mikroskopisch kleine Algen eingelagert. Sie sorgen für die grundlegende Ernährung der Korallen: Wie freilebende Algen und Landpflanzen gewinnen sie Energie durch Photosynthese. Einen bedeutenden Teil dieser Photosyntheseprodukte, in erster Linie Zucker, stellen die Algen dem tierischem Gewebe ihrer Wirte zur Verfügung. Im Gegenzug profitieren die Algen von Produkten des tierischen Stoffwechsels – Kohlendioxid aus der Atmung und dem Algennährsalz Ammonium aus der Verdauung –, die sie für ihre Photosynthese benötigen. Zusätzliche Nahrungsquelle für die Korallen sind die mit ihren Fangarmen aus dem Wasser gefangenen Organismen.

Wird das Wasser wärmer, entläßt das Tiergewebe der Korallenpolypen die Algenzellen. Die Korallen verlieren damit nicht nur ihre Färbung, sondern auch ihre Hauptnahrungsquelle. Dies können möglicherweise die Fangarme durch ihre Nahrungsbeschaffung ausgleichen. Da größere Fangarme mehr Nahrung einfangen können als kleine, vermuten die Wissenschaftler, daß Arten mit längeren Fangarmen besser überleben können. Eine Artenverschiebung zugunsten langarmiger Korallen ist denkbar.

Ziel des Projektes ist es nun, die fünf häufigsten Arten der Pazifikküste Panamas unter simulierten El-Niño-Bedingungen im Labor zu vergleichen. Die Forschungsarbeiten wird die 1971 in Münster geborene Meeresbiologin Christiane Hüerkamp am Smithsonian Tropical Research Institute in Panama durchführen, wo sie 1997 bereits sieben Wochen arbeiten konnte. Mit der Biologie der Korallenriffe machte sie sich nach ihrem Studium an der Universität Rostock durch mehrwöchige Praktika in Chile und Florida vertraut. Der Förderpreis ermöglicht ihr in Zusammenarbeit mit dem Institut für Ostseeforschung in Warnemünde den Beginn ihrer Doktorarbeit.

Eine nachhaltige Bewirtschaftung der schleswig-holsteinischen Küstenzone ist das Anliegen des mit dem 2. Preis ausgezeichneten Projektes. Dazu will der Kieler Meeresbiologe Dr. Peter Krost umweltschonende und erneuerbare Rohstoffe aus Großalgen gewinnen. Die praktischen und wirtschaftlichen Möglichkeiten von Algenfarmen, aus denen industriell nutzbare Rohstoffe gewonnen werden können, sollen in einer Pilotanlage in der Kieler Bucht getestet werden.

Großalgen, weitläufig auch als Tang bezeichnet, sind strukturgebend für den Lebensraum der Tangwiesen. Sie sind die im deutschen Ostseebereich artenreichsten Lebensgemeinschaften. Ihre wichtigsten Komponenten sind die Braunalgen, unter ihnen vor allem Zuckertang mit dem wissenschaftlichen Namen Laminaria.

Der in der Ostsee bis in 20 Meter Tiefe vorkommende, bis zu vier Meter lange Zuckertang ist wirtschaftlich nutzbar. Die aus ihnen gewonnenen Inhaltsstoffe dienen als ruckverdickungsmittel in der Textilindustrie oder als Geliermittel in Nahrungsmitteln; sie werden in der Schaumgummiherstellung eingesetzt und helfen bei der Oberflächenveredelung von Papier.

Auch für die Reinigung belasteten Wassers eignen sich die aus den Algen gewonnenen Stoffe. Die Weltproduktion dieser regenerierbaren Rohstoffe betrug 1996 800000 Tonnen.

Tangwiesen sind obendrein interessant für den Umweltschutz. So wirkt die Nährsalzaufnahme durch die Algen, die deren Wachstum fördert, der Überdüngung (Eutrophierung) von Küstengewässern durch Nährstoffe entgegen. Die Nährstoffe stammen überwiegend aus der Luft und aus Abflüssen, die Pflanzendünger aus der Landwirtschaft. Insbesondere der Stickstoff in Form von Nitraten und Ammonium stellt für die Ostsee eine große Belastung dar: Die überflüssigen Nährstoffe führen zu einem übermäßigen Wachstum im Wasser treibender, mikroskopisch kleiner Algen, dem Plankton, das von den Tieren nicht mehr vollständig konsumiert werden kann. Als Folge sinken große Mengen Planktonalgen auf den Meeresboden. Dort werden sie von Bakterien zersetzt, was zu starkem Sauerstoffverbrauch, zu Sauerstoffmangel und Fischsterben führt. Zudem mehren sich in den letzten Jahren die Zeichen, daß die übermäßigen Nährstoffe auch die Vermehrung giftiger Planktonalgen begünstigen. Außerdem bieten die Algenfarmen zusätzlichen Lebensraum für weitere Tiere und Pflanzen und dienen so als Rekrutierungszone anderer Organismen im Küstenbereich.

Preisträger Krost will die Großalgen zunächst im Labor aufziehen. Im Frühjahr 1999 werden die Setzlinge in einer Pilotanlage in der Kieler Bucht ausgesetzt, um festzustellen, wie produktiv Algenfarmen sein könnten. In das Projekt eingebunden ist eine wirtschaftliche Potentialanalyse von Algenfarmen in Schleswig-Holstein.

Durchführen wird Preisträger Krost sein Projekt gemeinsam mit seiner Umweltberatungsagentur CRM Coastal Research & Management in Mielkendorf bei Kiel, die der 1959 in Essen geborene Meeresbiologe 1994 gründete. Zuvor arbeitete und promovierte Krost am Institut für Meereskunde an der Universität Kiel, wo er auch sein Studium der Biologie absolvierte. Neben dem mit 30000 Mark dotierten 2. Preis des mare-Förderpreises bringt CRM weitere 50000 Mark aus Eigenfinanzierung in das Projekt ein. Im Frühjahr wird die deutschstämmige, jetzt am Australian Institute of Marine Science arbeitende Braunalgenspezialistin Dr. Britta Schaffelke das Projekt über drei Monate begleiten.

mare No. 12

No. 12Februar / März 1999

Aus der Redaktion

Aus der Redaktion

Mehr Informationen
Vita Aus der Redaktion
Person Aus der Redaktion
Vita Aus der Redaktion
Person Aus der Redaktion