Erde, wir haben ein Problem!

Die beiden Satelliten „Tom“ und „Jerry“ sausen hintereinander her und messen dabei unentwegt die Erdanziehungskraft. Die Daten zeigen: Der grönländische Eispanzer verliert Jahr für Jahr an Masse, was den Meeresspiegel steigen lässt

„Tom“ und „Jerry“ sausen ständig hintereinander her. Die beiden fliegen in 450 Kilometer Höhe um die Erde, vom Nordpol zum Südpol und wieder zurück. Nur 90 Minuten brauchen sie für einen Umlauf. Eigentlich heißt dieses deutsch-amerikanische Satellitenduo Gravity Recovery And Climate Experiment, kurz Grace. Aber weil sich die Satelliten jagen wie die Katze und die Maus aus der Zeichentrickserie, haben Wissenschaftler ihnen deren Namen verpasst. 

„Tom“ und „Jerry“ haben die Aufgabe, die Anziehungskraft der Erde, das Schwerefeld, zu vermessen. Denn anders, als viele denken, ist es nicht überall gleich. Je mehr Masse sich an einem Punkt auf oder in der Erde befindet, desto höher ist dort die Anziehungskraft – etwa im Himalaja. Und natürlich verstärken auch die schweren Eispanzer der Antarktis und Grönlands die Anziehung. Die Unterschiede sind minimal und kaum zu spüren. Die Geräte an Bord von „Tom“ und „Jerry“ aber sind extrem empfindlich und nehmen die winzigen Änderungen wahr. 

Sie können spüren, dass der Eispanzer Grönlands im Sommer leichter wird, wenn Schmelzwasser von den Gletschern ins Meer rauscht. Und im Winter nehmen sie die Last der frischen Schneedecke wahr. Klimaforschern liefert die Grace-Mission wertvolle Daten. Sie helfen ihnen einzuschätzen, wie es um die großen Eisschilde auf Grönland und in der Antarktis bestellt ist – und vor allem, wie schnell sich diese im Zug des Klimawandels zurückziehen und den Meeresspiegel steigen lassen. 

In dieser Hinsicht war das Jahr 2012 extrem. Damals strömte sehr warme Luft aus dem Süden über Grönland hinweg. Fast überall begann die Eisoberfläche zu schmelzen. Wo sonst Hundeschlittengespanne über das Eis flitzten, stand das Schmelzwasser in jenem Sommer knöchelhoch. Dank Grace konnten Forscher das Ausmaß der Schmelze abschätzen: Allein im Juli floss so viel Wasser vom Eisschild in den Ozean, dass der Meeresspiegel um einen Millimeter stieg. Ein außergewöhnliches Ereignis, das sich erschreckenderweise bereits 2019 wiederholte. Da ging Grönland in nur einem Jahr die gewaltige Menge von 532 Milliarden Tonnen Eis verloren. Umgerechnet auf die gesamte Erdbevölkerung, wären das gut zwei Lkw-Ladungen Eis je Mensch. 

Die Grace-Satelliten sind seit 2002 im All. 2017 musterte die Nasa das erste Gespann aus. 2018 schoss sie die Nachfolger „Grace Follow-on“ in den Orbit. Diese sind mit einem Laser ausgestattet, der genauer als zuvor die Bewegung zwischen den beiden überwacht. Überfliegt der vorauseilende Satellit ein Gebiet mit höherer Anziehungskraft, wird er im Verhältnis zu seinem Nachfolger beschleunigt. Der Abstand zwischen beiden ändert sich nur um tausendstel Millimeter. Dennoch nimmt der Laser diese Bewegung wahr. Wissenschaftler rechnen die Werte dann in Schwerefeldinformationen um. 

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mare No. 148

mare No. 148Oktober / November 2021

Von Tim Schröder

Der Oldenburger Wissenschaftsjournalist Tim Schröder Jahrgang 1970, weiß, wie präzise Satelliten arbeiten. Dass „Tom“ und „Jerry“ aber sogar das Gewicht der Regenmassen am Amazonas messen können, hat ihn dann doch verblüfft.

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Vita Der Oldenburger Wissenschaftsjournalist Tim Schröder Jahrgang 1970, weiß, wie präzise Satelliten arbeiten. Dass „Tom“ und „Jerry“ aber sogar das Gewicht der Regenmassen am Amazonas messen können, hat ihn dann doch verblüfft.
Person Von Tim Schröder
Vita Der Oldenburger Wissenschaftsjournalist Tim Schröder Jahrgang 1970, weiß, wie präzise Satelliten arbeiten. Dass „Tom“ und „Jerry“ aber sogar das Gewicht der Regenmassen am Amazonas messen können, hat ihn dann doch verblüfft.
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