Eine Rose ist eine Sosse ist eine…

Ein Nordstrander Schweinezüchter erkundet die Wonnen der Rose

Das Rezept, das sein Leben verändern sollte, lag auf dem Dachboden seines Hauses. Eher beiläufig stöberte Sven Jacobsen beim Aufräumen in einem verstaubten Kochbuch, das seiner Großmutter gehörte. Und las sich bei „Erdbeerkonfitüre mit Rosen“ fest. Mit Sicherheit hatte er dieses Buch schon einmal in der Hand, vor vielen Jahren, als er noch Schweine züchtete, doch da interessierte ihn so etwas nicht. Doch diesmal verschlang der 53-Jährige die mit Rosenzeichnungen geschmückte Seite wie einen spannenden Krimi. Ja, das wäre was! Plötzlich hatte er einen Traum: den Traum von Rosen, die man schmecken und sich auf der Zunge zergehen lassen sollte.

Als er die knarzende Treppe hinunterstieg, wusste der gelernte Landwirt, dass er nicht weiter Schweine züchten würde, wie das eben die Männer so machen bei ihm auf der Halbinsel Nordstrand. Er wollte den ganzen Mist nicht mehr. Außerdem war sein Hof mit 40 Hektar nicht groß genug. Mit dem schweren Rezeptbuch unterm Arm stapfte er schließlich um sein Haus, zupfte ein paar Heckenrosen vom Mauerschmuck, eine Handvoll Erdbeeren vom Gartenbeet, stellte sich dann an den Herd und kochte das erste Mal in seinem Leben Marmelade. Die schmeckte auch seiner Frau richtig gut. Nun begann er zu experimentieren. Ließ die Erdbeeren weg, verwendete allein Rosen. Unterschiedliche Rosen, die er zu züchten begann: die Astrid Gräfin von Hardenberg, die einen Hauch von Holunderbeere verströmt und purpurrot leuchtet; Charles Austin, die orangefarbene Schönheit, die mit ihrem Duft an Äpfel erinnert; Madame Isaac Pereire, auch Bourbonrose genannt, mit einem orientalisch-fruchtigen Aroma; Jude the Obscure, eine Blüte mit außergewöhnlichem Zitronenhauch.

Da jede Rose ihren eigenen Charakter hat, wirft er sie nicht zusammen in einen Topf, sondern kocht sortenrein und ohne Zusätze. Mittlerweile wachsen auf seinem Stück Land 650 Rosenstöcke von 100 verschiedenen Sorten, von denen elf für die Verarbeitung vorgesehen sind, die anderen schmücken seinen Garten und locken Ausflügler an.

Von Juni bis September ist Erntezeit. In diesen Monaten steht er früh auf. Er liebt diese Morgen, die nur ihm allein und den Rosen gehören. Das Meer schäumt hinter der Brandung, und der Wind pfeift an seinem Ohr vorbei und streift durch die Beete und trocknet den Tau. Das ist der richtige Moment, um die Blüten zu pflücken – sie werden nach dem Aufblühen gepflückt, da ist die Ölkonzentration in den Pflanzen am höchsten und das Aroma am intensivsten. Im Lauf des Sommers erntet Sven Jacobsen ungefähr 220 Kilogramm Rosenblüten. Für zwei Kilogramm Rosenmarmelade braucht es 25 pürierte Blüten. Die Blütenblätter werden sofort nach der Ernte luftdicht verpackt und eingefroren, um Geschmack und Duft zu konservieren. Die Blütenblätter, die gleich weiterverarbeitet werden, werden durch die Zugabe von Wasser zu einem rosig-duftenden Brei püriert und dann wie jeder Fruchtaufstrich eins zu eins mit Gelier­zucker eingekocht.

Normalerweise schadet Salzluft den Pflanzen. Warum wachsen sie dennoch so prächtig in seinem Garten? „Das werde ich oft gefragt“, sagt der gebürtige Nordstrander. „Bei mir am Außendeich ist der Salzgehalt ja nicht mehr so hoch wie über dem Meer, dadurch ist der Wind weniger aggressiv. Und Rosen lieben das Seeklima, da es im Winter nicht zu kalt und im Sommer nicht zu heiß ist. Der Wind tut ihnen gut, er kommt von der See, weht keine Schädlinge vom Festland herüber, trocknet nach dem Regen die Pflanzen und verhindert an schwülen Sommertagen den Hitzestau, der Schädlingsbefall begünstigt. Auch Dauerfrost im Winter, bei dem die Stöcke einfrieren, ist selten.“

Beste Bedingungen, die sich in seiner Produktvielfalt widerspiegeln. Inzwischen gibt es neben den Fruchtaufstrichen auch  Rosenbutter, Rosenpesto, Rosenlikör und sogar Soßen, die zu Fisch passen.

Gebratene Scholle mit  Rosengeleesoße

Zutaten (für vier Personen) 

4 Schollen, 1 Schalotte, 1 Knoblauchzehe, 1 EL Olivenöl, 1 EL Butter, 150 ml Weißwein, 250 ml Fischfond, 150 g Sahne, 1 Zweig Zitronenthymian, Saft von 1 Limette, 2 EL Rosengelee (Sorte Jude the Obscure mit Zitronenaroma), Zitronensaft, 60 g Butter zum Braten.

Zubereitung

Die Soße

In einer Kasserolle das Olivenöl sowie  1 EL Butter erhitzen und die fein geschnittene Schalotte und den Knoblauch darin glasig anschwitzen, dann mit Weißwein ablöschen. Fischfond, Sahne, Zitronenthymian und Limettensaft zufügen und kurz köcheln lassen. Rosengelee dazugeben.

Die Schollen

Mit Zitronensaft beträufeln und 5 Minuten ziehen lassen. Mit Küchenpapier trocken tupfen, mit Salz und Pfeffer würzen und in Mehl wenden. In einer Pfanne in Butter von jeder Seite 3 bis  4 Minuten braten. Dazu passen Kartoffelpüree und Zuckererbsenpüree.

mare No. 120

No. 120Februar / März 2017

Von Birgit Weidt und Heidi und Hans-Jürgen Koch

Birgit Weidt lebt und arbeitet in Berlin und immer wieder auf La Réunion.

Seit 20 Jahren produziert das Fotografen-Paar Heidi und Hans-Jürgen Koch außergewöhnliche Tierfotos.

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Vita Birgit Weidt lebt und arbeitet in Berlin und immer wieder auf La Réunion.

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