Ein Nachruf zum Tod von Volker Handloik

Mein erster Kontakt zu Volker Handloik war ein Manuskript. In Auftrag gegeben und später abgelehnt von einem großen Nachrichtenmagazin. Die Reportage sei zu poetisch, zu wenig Enthüllung, zu wenig Meldung. Wie Recht die Redakteure hatten! Wer das las, der konnte sehen, riechen, schmecken, Menschen treffen. Auf Grund des Schreibstils erwartete ich einen zurückhaltenden Menschen. Romantisch, vielleicht sogar etwas schöngeis­tig. Doch dann kam Volker Handloik persönlich: raumfüllend, im zotteligen Pelz, mit wallenden Locken, hektischen Augen, dicken Ringen an den Fingern. Eitel, verwirrend widersprüchlich. Er war fordernd, er war frech, legte sich mit jedem an. Aber nie blieb ein fahles Gefühl. Alle mochten ihn – trotz oder eben wegen seines aufwühlenden Charakters. Genauso schrieb er auch. Vielleicht brachte er nicht immer alle Sätze auf den Punkt, nicht immer knapp genug. Aber er schrieb frei von Konventionen. Ungewöhnlich intensiv. Einfach hinreißend. So lösten sich die Widersprüche auf. Für mich machte Volker Sinn: Sein provozierendes Äußeres, sein forderndes Auftreten passten zu seinen Geschichten. Es zeugte von Stolz, nicht von Eitelkeit, es war bloßgelegtes Menschsein. Er war immer auf der Suche. Auf der Suche nach Geborgenheit, nach Liebe. Dass er es offen zeigte, machte ihn zu einem besonders liebenswerten Menschen, zu einem großen Erzähler.

mare No. 30

No. 30Februar / März 2002

Von Nikolaus Gelpke

Nikolaus Gelpke, 1962 in Zürich geboren, ist Verleger des mareverlags und Chefredakteur der Zeitschrift mare.

Mehr Informationen
Vita Nikolaus Gelpke, 1962 in Zürich geboren, ist Verleger des mareverlags und Chefredakteur der Zeitschrift mare.
Person Von Nikolaus Gelpke
Vita Nikolaus Gelpke, 1962 in Zürich geboren, ist Verleger des mareverlags und Chefredakteur der Zeitschrift mare.
Person Von Nikolaus Gelpke