Bouboulina? In unseren Ohren klingt das wie ein albernes Kosewort. Ihre Zeitgenossen vor 200 Jahren fanden sie allerdings nicht zum Lachen, im Gegenteil: Laskarina Bouboulina, deren Standbild auf ihrer Heimatinsel Spetses überlebensgroß aufs Meer späht, führte eine Flotte an und zog gegen das Osmanische Reich in die Schlacht. Dennoch ist Laskarina, in deren Leben Figuren wie Zarin Katharina die Große oder Nakschidil, die Herrscherin des Konstantinopler Harems, eine Rolle spielten, außerhalb Griechenlands nur wenigen ein Begriff.
Bereits ihre Geburt war außergewöhnlich, denn sie kam in Yedikule, der „Burg der sieben Türme“, zur Welt, Schatzkammer und Kerker von Konstantinopel. Dorthin war ihre schwangere Mutter Skevo 1771 gereist, um ihren Ehemann freizubekommen, Kapitän Stavrianos Pinotsis, der mit den Russen in der Orlow-Revolte gegen die Türken gekämpft hatte.
Ende des 18. Jahrhunderts nämlich unterstanden die Griechen seit 400 Jahren dem Osmanischen Reich. Gleichzeitig befand sich das russische Zarenreich im Krieg mit den Türken. Um die osmanischen Truppen von russischen Grenzen abzulenken, ließ Katharina die Große ihren Liebhaber Fürst Gregor Orlow und seine Brüder 1769 bei den Griechen eine Revolte gegen ihre Besatzer anzetteln. Die List ging auf: Um sich der Aufständischen zu erwehren, eilten die Türken gen Süden (weshalb den Russen daraufhin die Annexion der Krim gelang). Leider aber ließ Katharina die Griechen dann im Stich, und sie wurden massakriert oder – wie Kapitän Pinotsis – inhaftiert.
Er verstarb in Yedikule infolge der harten Haftbedingungen, und so reiste seine Frau allein mit dem Säugling heim. Der Hass der kleinen Laskarina auf die Osmanen aber war ihr nun wie eingeimpft.
Die Familie entstammte wohhabenden Verhältnissen auf der Insel Hydra im Argolischen Golf, von wo Skevo mit der Tochter bald auf das Nachbareiland Spetses zog, sich wieder verheiratete und acht weitere Kinder bekam. Als Älteste wurde Laskarina naturgemäß ihre Anführerin. Derweil erlangte Spetses als Handelszentrum Bedeutung. Die Spetsioten investierten Geld in den Ausbau der Werft, in Herrenhäuser und Bildung – auch für Mädchen aus gutem Haus wie Laskarina, die von Hauslehrern in Französisch und Pianospiel unterwiesen wurde. Mit 17 heiratete sie Dimitrios Giannouzas, ein Handelskapitän wie ihr Vater, und bekam drei Kinder. Doch nach einigen Jahren kam ihr Mann bei einem Piratenangriff ums Leben. Laskarina heiratete erneut, wieder einen wohlhabenden Handelskapitän: Dimitrios Bouboulis (womit sie zur Bouboulina wurde, denn dies ist die weibliche Form ihres Nachnamens).
Die Bewohner von Spetses und Hydra waren Arvaniten, die aus der Gegend des heutigen Albanien stammten. Sie fühlten sich den Griechen zugehörig und träumten von der Befreiung Griechenlands – auch Bouboulis. Aber auch er kam auf See bei einem Piratenangriff um.
Man schrieb das Jahr 1811, Laskarina war nun 40, hatte sieben Kinder und war reich. Ihr Porträt im Nationalen Historischen Museum in Athen zeigt sie als robuste Heldin mit grimmigem Gesichtsausdruck und herrischem Mund. Eine Frau mit eigenem Kopf, das steht außer Frage. Sie beschloss, zur See zu fahren – warum, ist historisch unklar, vielleicht einfach, weil sie es konnte. Sie war das Familienoberhaupt, also gab es niemanden, der etwas einwenden durfte. Außerdem liebte sie das Meer und das Treiben in den Hafenstädten. Dort vor allem spürte sie die fiebrige Aufbruchstimmung im Nachklang der Französischen Revolution und eine alles beherrschende Sehnsucht nach Freiheit.
Zu jener Zeit war Europa verstrickt in die Napoleonischen Kriege, daher existierten Handelsembargos. Bouboulina gelang es, mit ihren Schiffen Blockaden zu umgehen und so ihr Vermögen zu vervielfachen. Ihr Geschick brachte der „Kapetanissa“ (Kapitänin), wie sie nun genannt wurde, viel Respekt ein. Doch 1816 beschloss Sultan Mahmud II., sie zu enteignen, weil ihr zweiter Mann Bouboulis mit den Russen gegen die Türken kollaboriert hatte.
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Stella Bettermann, Jahrgang 1963, Halbgriechin und freie Autorin in München, empfiehlt Geschichtsinteressierten einen Besuch bei Bouboulina zu Hause – ihr Wohnhaus auf der bezaubernden Insel Spetses ist heute ein Museum. Die Führungen machen Nachfahren der alten Freiheitskämpferin.
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Vita | Stella Bettermann, Jahrgang 1963, Halbgriechin und freie Autorin in München, empfiehlt Geschichtsinteressierten einen Besuch bei Bouboulina zu Hause – ihr Wohnhaus auf der bezaubernden Insel Spetses ist heute ein Museum. Die Führungen machen Nachfahren der alten Freiheitskämpferin. |
Person | Von Stella Bettermann |
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Vita | Stella Bettermann, Jahrgang 1963, Halbgriechin und freie Autorin in München, empfiehlt Geschichtsinteressierten einen Besuch bei Bouboulina zu Hause – ihr Wohnhaus auf der bezaubernden Insel Spetses ist heute ein Museum. Die Führungen machen Nachfahren der alten Freiheitskämpferin. |
Person | Von Stella Bettermann |