25°04' Süd, 130°06' West - Folge 6

Post fürs Postamt: Die „Queensland Star“ kam und lieferte die neuen Briefmarkenserien an – wenn man es so nennen will. Das Schiff warf nämlich auf dem Weg von Neuseeland nach Panama einfach ein Fass ins Wasser „und verlangsamte seine Geschwindigkeit kein bisschen“, wie sich Tom Christian beklagte: „Das war ganz schön gefährlich, als wir uns mit einem unserer beiden Longboats dem Dampfer, der 17 Knoten drauf hatte, nachts nähern mussten.“

Und überhaupt: In letzter Zeit gehen die Dampfer sowieso einfach dazu über, per Funk den Zeitpunkt ihrer Passage mitzuteilen. Die Insulaner müssen dann sehen, wie sie rechtzeitig hinauskommen, um die weit draußen abgeworfene Post zu finden. Abgehende Post muss dann warten.

Zur Unterstützung der Inselpolizistin Meralda traf jetzt eine beamtete Ordnungshüterin aus England ein. Um ein gewisses Verbrechen aufzuklären, wie in Adamstown verlautete (ob danach wohl zum ersten Mal das 1989 errichtete dreizellige Gefängnis besetzt sein wird?), aber auch, um endlich mal eingehende Rechtsberatungen anzubieten. 52 Polizeikräfte hatten sich für den Einsatz beworben. Mit demselben Schiff kam ein Unterwasser-Archäologe, der schauen will, was von der „Bounty“ auf dem Grund der Bounty-Bay noch vorhanden ist.

Ein französisches Kriegsschiff war zu Besuch. Eigentlich wollte Marlon Brando, der auf einer Insel bei Tahiti lebt, auch mit an Bord sein. Aber er war zum vereinbarten Treffpunkt auf dem Mangareva-Archipel nicht erschienen. Brando hatte in dem (zweiten) Film „Die Meuterei auf der Bounty“ als Anführer Fletcher Christian gegen Trevor Howard als Käpt’n Bligh gekämpft. Schade, daß es nicht geklappt hat. Brando war nämlich filmisch am weißen Strand von Pitcairn gestorben. Nun hätte er gesehen: Es gibt dort gar keinen Strand, sondern nur Fels.

Der Ingenieur, der gekommen war, um die Möglichkeiten für den Bau einer Landebahn zu prüfen, stellte fest: Länger als 700 Meter kann sie nicht werden – geeignet also nur für kleine Flugzeuge mit kleinen Tanks, für die die Strecke nach Pitcairn aber zu weit sein könnte. Die Frage ist auch, ob die auf der Insel vorhandenen Gerätschaften zum Bau ausreichen, weil die Anlieferung schwierig ist. Der kleine Raupenschlepper jedenfalls mußte vor vielen Jahren per Fallschirm angeliefert werden. Die Aktion genießen die Pitcairner heute noch auf Video.

Tom, der auf dem Hügel nicht nur die Funk- sondern auch die Wetterstation leitet, gab das Signal: Es verspreche nun so warm und schwül zu bleiben, daß das Ananaspflanzen beginnen könne. Alle Adamstowner schwärmten in ihre Gärten auf der ganzen Insel aus. Jede Familie hat mehrere davon.

Nach langer Zeit sind mit Jay, Michael und Paul wieder mal drei Männer zum unbewohnten Nachbar-Atoll Ducie gefahren. Eine Woche waren sie da, haben Ratten gesehen, deshalb Gift zurückgelassen – und nebenbei beim Tauchen ein paar schwarze Perlen gefunden.

Pitcairn privatisiert. Es sieht so aus, als würde die Funkstation – heute noch regierungsfinanziert – demnächst vom Pitcairn Amateur Radio Club übernommen.

mare No. 6

No. 6Februar / März 1998

Von Ulli Kulke

Ulli Kulke, Jahrgang 1952, ist Chefreporter für Wissenschaft der Berliner Tageszeitung Die Welt.

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Vita Ulli Kulke, Jahrgang 1952, ist Chefreporter für Wissenschaft der Berliner Tageszeitung Die Welt.
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