25°04' Süd, 130°06' West - Folge 1

Pitcairns „Who’s who“ ist erschienen. Wo? Im Internet. 51 Personen sind aufgeführt. Die Älteste: Millie Christian, 86, Frau von Warren Christian, 82, einem Ururenkel von Fletcher Christian, dem Anführer der Meuterei auf der Bounty. Der Jüngste: Darrin Christian, 1, Sohn von Ron und Suzanne Christian.

Eine Mitteilung von Pitcairns Schulkindern: „Mit jeder Post kriegen wir viele Anfragen von Kindern, die Brieffreunde auf Pitcairn suchen. Wir wären gerne in der Lage, an alle zu schreiben. Aber wir sind insgesamt nur 17, von denen noch nicht alle schreiben können. Einige von uns haben schon mehrere Brieffreunde. Unser Lehrer liest alle Briefe, und wir versuchen, alle zu beantworten. Manchmal macht er ein Foto von uns vor der Schule, klebt es auf eine Karte, wir unterschreiben, und er schickt es weg. Also: Wenn Ihr nicht alle von uns eine persönliche Antwort bekommt, liegt das nur daran, daß wir nicht genug sind.“

Mit dem Versorgungsschiff kam eine Kiste Äpfel, auf der stand: „An apple a day keeps the doctor away“ (ein Apfel pro Tag hält den Arzt vom Leib). Wie wahr. Am nächsten Tag mit dem selben Schiff fuhr der Arzt weg, der eine Weile hier war. Keiner weiß, wann mal wieder einer kommt. Die gesundheitliche Versorgung auf der Insel leistet eine Krankenschwester. Ein Röntgengerät steht zur Verfügung sowie ein Zahnarztstuhl nebst Bohrer.

Pitcairns Bevölkerung stieg im vergangenen Monat sprunghaft an, als Dennis, Jacob, Meralda und Dobrey mit dem Versorgungsschiff aus Neuseeland zurückkamen und Natassja und Zeta die Insel besuchten – sowie nicht zu vergessen: Gilbert aus Belgien, der nur französisch und kein Wort englisch spricht, was die Gespräche zur Zeit ziemlich witzig gestaltet.

Jetzt, da Dennis zurück ist, kommt wieder Schwung in unser Postamt. Es macht Spaß, in sein lächelndes Gesicht zu schauen, wenn wir ihn mit Hunderten von Briefen, Päckchen und Paketen bombardieren (das Postamt hat, wie der Coop-Laden, zweimal pro Woche eine Stunde auf, die Bibliothek einmal; Anmerkung der Redaktion). Übrigens, ganz nebenbei: Unser Postmann Dennis, 40, ist immer noch Junggeselle.

Letzten Monat kündigte sich eine Yacht an, zufällig mit einem Tierarzt an Bord. Auf Anfrage versprach er per Funk, drei der Insel-Katzen zu sterilisieren. Aber die See war zu rauh, als er dann vor der Insel ankerte, so daß die Pitcairner ihn mit ihren Longboats nicht an Land holen konnten. Ohne Landgang segelte er wieder ab.

Der Geburtstag der Königin fiel auch in der englischen Kolonie Pitcairn diesmal auf einen Montag. Um zwölf Uhr mittags sind wir zu unserem Sportplatz Aute Valley gezogen, haben Cricket gespielt (langweilig) und Schlagball (war toll). Vor dem Gebet fürs Barbeque (Lieblingsbeschäftigung der Pitcairner; Anmerkung der Redaktion), haben wir Happy Birthday für Irma gesungen, weil sie auch Geburtstag hatte. Anschließend: Gebet und Essen. Danach ging’s zügig nach Hause, weil es kalt und windig war.

Der letzte Fishing Report des Monats (für die Fischereistatistik in der „Pitcairn Miscellany“ zeichnet eine gewisse Miss Catfish verantwortlich; Anmerkung der Redaktion): Von der Felsküste geangelt: 300, vom Boot: 935, Haie: 18, Barrakuda: 2. Das Blatt merkt an, daß Miss Catfish auch schon mal hochrechnet, wenn sie nicht an allen Tagen mit dabei war.

mare No. 1

No. 1April / Mai 1997

Von Ulli Kulke

Ulli Kulke, Jahrgang 1952, ist Chefreporter für Wissenschaft der Berliner Tageszeitung Die Welt.

Mehr Informationen
Vita Ulli Kulke, Jahrgang 1952, ist Chefreporter für Wissenschaft der Berliner Tageszeitung Die Welt.
Person Von Ulli Kulke
Vita Ulli Kulke, Jahrgang 1952, ist Chefreporter für Wissenschaft der Berliner Tageszeitung Die Welt.
Person Von Ulli Kulke