Liebe Leserin, lieber Leser,
auch wenn schon die Aufklärung des 18. Jahrhunderts reklamierte, mit althergebrachten Vorstellungen zu brechen und Traditionen und Gewohnheitsrechte zu überwinden, fand diese Entwicklung in den Meereswissenschaften erst in der Epoche, die wir als Beginn der Moderne bezeichnen, statt. Im späten 19. Jahrhundert wurden mit Planktonnetzen, Mikroskopen, Refraktometern oder Bodengreifern die technischen Grundlagen geschaffen, die Meere zu erkunden. Die britische „Challenger“-Expedition von 1872 und die deutschen Forschungsfahrten von 1889 und 1898 sind Meilensteine der Meereskunde (Seite 62 ff.). Damals setzte der Biologe Victor Hensen erstmalig ein Netz ein, um das von ihm sogenannte Plankton zu quantifizieren und systematisch zu bestimmen; er erkannte darin die Grundlage allen Lebens im Meer, den Ursprung der Nahrungskette. Der Start der modernen Ozeanografie machte bewusst, dass Forschung nicht mehr nur das Sammeln, Beschreiben und Bestimmen von Pflanzen und Tieren bedeutet, sondern dass es ein komplexes System zu erforschen gilt, in dem alles miteinander zusammenhängt und voneinander abhängt. Es wurde deutlich, dass Faktoren wie Salz- und Sauerstoffgehalt, Sonneneinstrahlung oder Wassertemperatur chemische und physikalische Einflüsse sind, die die Zusammensetzung und Entwicklung des Planktons und der gesamten Nahrungskette bestimmen. Bis heute hat sich daran nichts Wesentliches verändert, wobei natürlich die Anzahl der Parameter und die Vielfalt der Methodiken das System immer vollständiger beschreiben.
Wenn jetzt, Anfang März, endlich beschlossen wurde, 30 Prozent der Ozeane als Schutzgebiete auszuweisen, ist dies eine erfreuliche Zäsur für den Artenschutz und die Artenvielfalt dieses Planeten. Aber das Abkommen kann, genauso wenig wie die prominent und populär in der Öffentlichkeit geführte Plastikmülldebatte, nicht darüber hinwegtäuschen, dass die beiden mit Abstand größten Gefahren für unsere Ozeane weiterhin deren Versauerung und Erwärmung infolge des Klimawandels darstellen.
Die wissenschaftliche Komplexität dieser Gefährdung muss dazu führen, dass mehr darüber berichtet wird. Und folglich informieren wir die Gäste auf unserer „Cape Race“ mit dem „Wissen schafft Erleben“-Programm vor Ort in der Arktis sowie alle Interessierten mit unseren kostenlosen „World Ocean Reviews“ über diese Bedrohung. Wir müssen wieder zurück zu den Wurzeln der Moderne und das System als solches beschreiben und retten, nicht nur Müll vermeiden oder Arten schützen. Das hatten wir eigentlich schon vor 150 Jahren erkannt und überwunden.
Viel Spaß beim Lesen wünscht Ihnen
Nikolaus Gelpke
Ihre mare-Hotline in die unerforschten Weiten und Tiefen der Meere
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